Mit dem Big. Trail präsentiert Merida ein vielseitiges Trail-Hardtail, dass dank potenter Geometrie und Marzocchi Fahrwerk Bergab für Fahrspaß sorgt und mit intelligenten Features im Alltag bestechen kann. Das Hardtail des taiwanischen Herstellers scheint alles zu können, doch wird es seinem Ruf gerecht? Mehr dazu im Test.
Das Big.Trail ist ein noch recht junges MTB im umfangreichen Portfolio von Merida. Der Name gibt zwar schon grob die Ausrichtung vor – auf den Trail – doch wird die Bezeichnung Trail-Hardtail der Vielseitigkeit des Bikes nicht gerecht. Insbesondere dem intelligent konstruierten und mit durchdachten Features ausgestatteten Alurahmen ist es zu verdanken, dass das Big.Trail in vielen Bereichen eine gute Figur machen dürfte – selbst im Alltag oder auch beim Offroad-Bikepacking. Dabei ist das Bike insgesamt im eher günstigen Preisbereich angesiedelt. Unser Testbike, das Merida Big.Trail 600 stellt mit einem Preis von knapp 1.600 Euro bereits das Ende der Fahnenstange dar. Auf der anderen Seite der Skala liegt das Big.Trail 200, mit dem man schon für 849 Euro einen wirklich soliden Einstieg in den Bereich trail-tauglicher MTBs bekommt.
Merida Big.Trail 600 – kurz und schmerzlos:
- 29″
- Hardtail
- Aluminium
- Marzocchi Z2, 140mm
- Preis: 1.599 Euro
Vielseitiger Alu-Rahmen
Wir hatten es eingangs bereits erwähnt: Das Merida Big.Trail 600 war das vielleicht vielseitigste Bike in unserem Testfeld. Das versierte Biker-Auge mag dies bereits bei einem genaueren Blick auf den Rahmen erkennen; so befinden sich auf dem Unterrohr gleich vier Schraubösen, um hier bei Bedarf zwei Flaschenhalter montieren zu können. Zusätzlich befindet sich an der Unterseite des Oberrohrs noch eine weitere Montagemöglichkeit, Merida spricht vom „Trail Mount“. Rucksack-Muffel können hier beispielsweise ganz bequem ein Bike-Notfallkit mit Schlauch, Tool und CO² Kartusche anbringen – cool! Damit jedoch noch nicht genug der Ösen: Selbst an entsprechende Montagepunkte für Gepäckträger, Schutzbleche und einen Seitenständer (!) hat man bei der Konstruktion des Rahmens gedacht. Viele Vollblut-Mountainbiker werden jetzt die Nase rümpfen, doch ihr müsst nicht die rote Karte spielen! Die Gewinde sind so gut versteckt, dass sie bei Nicht-Gebrauch unsichtbar bleiben. Und mal ehrlich: Vor allem die günstigeren Ausstattungsvarianten werden durchaus auch als Alltagsräder gebraucht werden von unserem MTB-Nachwuchs oder unseren jüngeren Geschwistern, die mit dem Rad auch zur Schule fahren. Da kann man dann doch glücklich sein, über diese Option, allemal besser als Klemm-Ständer und Steckbleche.
Doch natürlich haben die Jungs und Mädels von Merida auch an die „echten“ Mountainbiker gedacht. Das zeigt sich beispielsweise an der großzügigen Reifenfreiheit: Das für 29 Zoll Laufräder ausgelegte Bike verträgt locker Pneus mit bis zu 2,5 Zoll Breite. Das bringt nicht nur Grip, sondern auch zusätzliche Dämpfung, die gerade am Trail-Hardtail immer willkommen ist. Davon abgesehen gibt es wenige Überraschungen: Intern verlegte Züge gehören wie die Boost Achse im Hinterbau mittlerweile zum Standard und das klassisch geschraubte BSA Tretlager freut selbst-Schrauber.
Moderne Geometrie und weitgehend überzeugende Ausstattung
Seine Trail-DNA stellt das Merida Big.Trail 600 auch bezüglich seiner Geometriedaten unter Beweis. Der Lenkwinkel fällt mit 65,5° sportlich flach aus, so dass man es auch mal im steilen Gelände krachen lassen kann, ohne Überschlagsgefühle zu bekommen. Damit es auf dem Weg nach oben nicht allzu beschwerlich wird, hat man dem Bike zudem einen angenehm steilen Sitzwinkel verpasst, der Fahrer oder Fahrerin in eine schön zentrale Sitzposition rückt, die durch das angenehm tiefe Tretlager unterstrichen wird.
S | M | L | XL | |
Sitzrohr (in mm) | 380 | 410 | 430 | 450 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 579 | 600 | 622 | 645 |
Steuerrohr (in mm) | 95 | 100 | 110 | 120 |
Kettenstrebe (in mm) | 435 | 435 | 435 | 435 |
BB Drop (in mm) | 66,5 | 66,5 | 66,5 | 66,5 |
Lenkwinkel (in °) | 65,5 | 65,5 | 65,5 | 65,5 |
Sitzwinkel (in °) | 75,5 | 75,5 | 75,5 | 75,5 |
Reach (in mm) | 415 | 435 | 455 | 475 |
Stack (in mm) | 636 | 641 | 650 | 659 |
Unser Testbike kam in der Topausstattung der Big.Trail Reihe, gehört mit 1.599 Euro aber dennoch zu den eher günstigen Vertretern der Kategorie. Das merkt man den verbauten Komponenten nur an wenigen Stellen an. So kann das Bike beispielsweise mit der Z2 Gabel und 140 mm Federweg punkten. Die Gabel zählt zu unseren Lieblingen in dieser Preisklasse und gefällt uns immer wieder mit ihrem sahnigen Ansprechverhalten. Dazu gibt’s einen 12-fach Shimano Deore Antrieb mit 510% Übersetzungsbandbreite. Dieser muss sich höchstens beim Gewicht vor deutlich teureren Schaltungen verstecken, bei der Performance gibt es hier rein gar nichts auszusetzen. Gleiches gilt für die Laufräder aus Shimano MT400 Naben und den hauseigenen Alufelgen. Diese sind nicht nur tubeless-ready sondern mit 29 mm Maulweite auch breit genug für großvolumige Reifen. Ebenfalls aus eigenem Hause kommt die Variostütze, die an unserem Testrad in Größe L solide 150 mm Verstellweg mitbringt.
Alles super also? So durchdacht und solide die meisten Komponenten auch gewählt sind, hat Merida leider bei den Bremsen den Rotstift angesetzt. Die MT4100 von Shimano ist zwar keine schlechte Bremse, dürfte mit ihren zwei Kolben und den 180 mm Scheiben jedoch hier und da sicherlich an ihre Grenzen stoßen. Weitaus positiver sehen wir die Reifenwahl: Der recht neue Dissector von Maxxis ist ein sehr guter Allrounder und lässt sich auch sehr gut tubeless nutzen. Keine Überraschungen sehen wir am Cockpit: Hier gibt es solide OEM-Teile mit modernen Abmessungen. Im 50 mm langen Vorbau steckt in allen Größen ein 780 mm breiter Riser-Lenker.
Rahmen | Aluminium |
Federgabel | Marzocchi Z2, 140mm |
Laufräder | Shimano MT410 / Merida Expert TR |
Reifen VR | Maxxis Dissector, EXO, 2.4 |
Reifen HR | Maxxis Dissector, EXO, 2.4 |
Schaltwerk | Shimano Deore, 12-speed |
Schalthebel | Shimano Deore |
Kurbel | Race Face Ride, 32T |
Bremse | Shimano MT410 |
Bremsscheiben | 180/180 |
Sattelstütze | Merida Comp TR |
Sattel | Merida Comp CC |
Vorbau | Merida Expert TR |
Lenker | Merida Expert TR, 780mm |
Preis: | 1.599 Euro |
Bodenprobe: Das Merida auf dem Trail
Um das Fahrverhalten des Merida Big.Trail 600 nach den Meinungen unserer Tester auf den Punkt zu bringen, fielen immer wieder folgende Worte: Unaufgeregt und Allrounder! Aber eins nach dem anderen…
Dank seiner modernen aber keinesfalls extremen Geometrie fanden sich alle Testfahrer auf Anhieb zurecht. Der 65,5 Grad flache Lenkwinkel verspricht schon nach den ersten Metern einen guten Kompromiss aus Laufruhe und Agilität. Im Uphill unterstützt der relativ steile Sitzwinkel und hält die Front trotz kompakter Kettenstreben auch im steilen Gelände souverän am Boden. Auch im gemäßigten Terrain zeigt sich das Big.Trail vielseitig; der Deore 12-fach Antrieb bietet jederzeit ausreichend Bandbreite und die Maxxis Dissector Bereifung zeigte äußerst gute Rolleigenschaften. Bei schlammigen Bedingungen setzte er sich aber relativ schnell zu und verlor an Traktion.
Geht es bergab, zeigt das Merida deutlich seine ausgewogenen Alleskönner-Eigenschaften. Dabei ist es kein „Spezialist“ wie etwa das extrem flache Marin El Roy oder das Orange, sondern zeigt sich agil und ausgewogen. Die Marzocchi Z2 passt wie angegossen zu diesen Fahreigenschaften: Einfach einzustellen und mit unaufgeregt-guter Performance konnte sie uns überzeugen; spricht sensibel an und dämpft souverän. Wird der Speed auf dem Trail etwas schneller, fühlt sich das Big.Trail aber etwas unwohl. Dafür ausschlaggebend ist in erster Linie der Maxxis Dissector Reifen. Die EXO Karkasse spart zwar Gewicht (was sich im Uphill sehr positiv auswirkt), lässt aber ein wenig die dämpfenden Eigenschaften vermissen. Hinzu kommt, dass bei erhöhter Geschwindigkeit auch die Pannenanfälligkeit steigt. Aber gut, Reifen sind immer ein Kompromiss aus Gewicht, Rollwiderstand und Performance. Wer es hauptsächlich bergab krachen lässt und wem der Uphill nur Mittel zum Zweck ist, wie wir, der sollte sich über einen stabileren Reifen Gedanken machen. Trail-Tourer werden in dem Reifen einen guten Freund finden.
Wir wollen spaß, wir geben Gas und hätten deshalb – zumindest vorne – auf eine 4-Kolben Bremse, gesetzt. Das Big.Trail ist „nur“ mit 2-Kolben Stoppern aus Shimano´s MT400er Reihe ausgestattet. In Kombination mit 180er Scheiben an Front und Heck konnte uns die Bremse nicht immer überzeugen. Eine hohe Handkraft und nachlassende Bremskraft bei langen Abfahrten wurde häufig von den Testern kritisiert. Zumindest vorne auf eine 203mm Scheibe aufzurüsten, ist sicherlich kein schlechter Tipp.
Genug gemeckert! Für die meisten Mountainbiker, die ein Rad für rund 1500 Euro suchen, sind die Reifen und Bremsen sicher ganz wunderbar. Das Merida Big.Trail hat insgesamt einen sehr positiven Eindruck hinterlassen. Seine Ausgewogenheit und das intuitive und agile Fahrverhalten dürfte für viele (auch Einsteiger) auf Anhieb passen. Mit einem sehr guten Preis-Leistungsverhältnis und den praktischen Rahmenfeatures zeigt es sich als toller Allrounder. Und genau das sollte ein Trail-Hardtail doch sein, oder? Also sehr viel richtig gemacht!
Das Fazit:
Das Merida Big.Trail 600 ist ein Allrounder wie er im Buche steht. Moderne, aber nicht zu extreme Geometrie, solide Ausstattung und Fahreigenschaften mit denen der Einsteiger genauso gut zurecht kommt wie der Profi. Ein Rad was auch für den Alltag oder radreisen funktioniert. Kleine Schwächen bei der Bremse sind angesichts des guten Preis-/Leistungsverhältnisses zu verschmerzen. Wer ein agiles und vielseitiges Hardtail ohne Überraschungen sucht, wird mit dem Merida Big.Trail 600 fündig!
Mehr Informationen zum Merida Big. Trail findet ihr auf: www.merida-bikes.com