Marin goes back to the Roots?! Stahlbikes haben bei der Kultmarke seit über 30 Jahren Tradition. Mit dem neuen Stahl-Monster bringen die Kalifornier ein Vollblut Enduro-Hardtail auf den Markt, das mit seiner progressiven Geometrie den Fullies auf dem Trail die KOM-Krone streitig machen möchte. Ob das klappt und wie viel Spaß das schmucke schwarze Bike in der Praxis bringt – wir verraten’s euch!
Klar man könnte den Artikel mit dem klassischen „Wir sind ja damals alle auf einem Hardtail gestartet“ anfangen, aber irgendwann ist damit auch mal gut. Ganz ehrlich: Ich kann mich tatsächlich nicht mehr erinnern, wie es ist ohne Dämpfung über den Trail zu ballern, da ich seit Jahren auf Fullys, vom Enduro bis zum Downhiller unterwegs bin. Die erste amtliche Ausfahrt mit dem Marin war für mich entsprechend ein echter Augenöffner. Verflucht! Hardtails machen verdammt viel Spaß.
Das El Roy ist das ultimative aggressive Hardtail, das dich locker auf den Berg bringt, aber dann bei der Abfahrt erst so richtig strahlt: Ein würziger Mix aus progressiver Geometrie und zuverlässigem Stahl. – Marin
Das El Roy – kurz und schmerzlos:
- 29″
- Hardtail
- CroMo/Stahl
- Marzocchi Z1, 36mm Standrohre
- 14,85 kg
- Preis: 2.799 Euro
Optik vom Feinsten
Als ich das erste Mal vor dem El Roy stand, war ich direkt von der Optik begeistert; Der flache Lenkwinkel mit der dicken Marzocchi Gabel lässt das Bike einfach unglaublich aggressiv wirken; Es schreit förmlich nach Downhill-Spaß. Ein weiteres Highlight ist der besondere Lack der in einem dunklen Anthrazit-Ton daherkommt und bei näherem Betrachten glänzende Flakes erkennen lässt. Ebenfalls stimmig ist die Rote Z1 Gabel in Verbindung mit den farblich passenden Marin Decals.
Die außen verlegten Kabel tragen zum markanten Look bei und stören die gelungene Optik überhaupt nicht. Vorteil: einfacherer Zugang bei Wartung und Austausch und keine klappernden Geräusche im Rahmen.
Rahmen und Geometrie
Das El Roy basiert auf einem stabilen Serie 3 CroMo-Rahmen mit integriertem Drop-In Headset und ist EPD-beschichtet um Rost vorzubeugen.
Die Geometrie ist mit dem bloßen Augen schon klar. Der extrem flache Lenkwinkel mit 63° und der Reach von 480mm beim Regular und 510mm beim Grande versprechen Potential für die Abfahrt und der steile Sitzwinkel mit 78° soll für eine angenehme Sitzposition im Uphill sorgen. Dennoch zählt der Weg zum Gipfel nun nicht unbedingt zu den großen Stärken des Marins, da sind andere Trail-Hardtails meist deutlich flinker. Andererseits dürfte das auch den Köpfen hinter dem Bike klar gewesen sein und der Fokus liegt ohnehin auf Spaß und Speed in der Abfahrt.
Regular | Grande | |
Sitzrohr (in mm) | 420 | 430 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 617 | 647 |
Steuerrohr (in mm) | 120 | 120 |
Kettenstrebe (in mm) | 435 | 435 |
BB Drop (in mm) | 65 | 65 |
Lenkwinkel (in °) | 63 | 63 |
Sitzwinkel (in °) | 78 | 78 |
Reach (in mm) | 480 | 510 |
Stack (in mm) | 645 | 645 |
Komponenten fürs Grobe
Mit knapp 2.800 Euro zählt das Marin El Roy zu den teureren Trail-Hardtails, was sich nur teilweise in der Ausstattung widerspiegelt – aber klar, auch der hochwertige Stahlrahmen hat seinen Anteil am sportlichen Preispunkt. Doch gleich vornweg: Dort, wo es drauf ankommt, hat man bei Marin eben nicht gespart und deshalb ein rundes Komponentenpaket geschnürt. Das beginnt schon bei der Gabel: Die Bomber Z1 von Marzocchi ist rundum überzeugend und zählt im mittleren Preissegment zu unseren absoluten Lieblingen am Markt. Mal ganz davon abgesehen, dass sie mit ihrem roten Casting optisch perfekt an das Marin passt, bringt sie eben auch ein sensibles Ansprechverhalten und überzeugende Dämpfung mit.
Bei der Schaltung kommt man in den Genuss von satten 510% Bandbreite der neuen Shimano Deore 12-fach Gruppe, an der es aus unserer Sicht rein gar nichts auszusetzen gibt – außer vielleicht ein paar Gramm Übergewicht, was jedoch angesichts von knapp 15 Kilogramm beim El Roy dann auch nicht mehr so wirklich entscheidend ist. Ebenfalls von den Japanern kommen die MT420 Bremsen, die zwar zu den eher günstigen Stoppern gehören, dank ihrer 4 Kolben vorn und hinten und der 203er Scheibe an der Front auch für längere Abfahrten einige Reserven mitbringen. Die Laufräder mit Shimano MT400 Naben und den hauseigenen, tubeless-kompatiblen Alufelgen mit 29 mm Innenweite sind solide Kost, auf denen jedoch mit dem Assegai von Maxxis einer der besten Enduro-Reifen überhaupt Platz findet. Damit jedoch nicht genug: Die mächtigen 29×2,5″ Pneus sind hier hinten in der griffigen Maxx Grip Gummimischung und der extrem pannensicheren DoubleDown Karkasse verbaut, vorn etwas leichter mit MaxxTerra und Exo+. Hier kann man mit dem Druck so richtig schön weit runter gehen, ohne sich Sorgen um etwaige Durchschläge machen zu müssen.
Selten verbaut, aber dennoch überzeugend ist die Manic Dropper Post von X-Fusion, bei der auch der ergonomische Hebel zu überzeugen weiß. Last but not least: Das Cockpit mit Deity Vorbau und einem 800 mm breiten Deity Carbonlenker ist durchaus ein Highlight am El Roy.
Bodenprobe: Das El Roy auf dem Trail
Schon auf den ersten Blick war klar: Das Marin El Roy ist konsequent auf maximalen Fahrspaß bergab getrimmt! Schlanker Stahlrahmen, 63 Grad Lenkwinkel, 78 Grad Sitzwinkel, Maxxis Assegai Reifen und die 36mm Standrohre der Marzocchi Z1 – das El Roy strotzt förmlich vor potenten Features.
Fans von langen und flachen Bikes werden sich auf Anhieb auf dem Marin zurecht finden. Durch den steilen Sitzwinkel gelingen selbst knifflige Anstiege; die sehr gut gewählte Übersetzung (32T, 10-51T) des Shimano Deore 1×12 Antriebs tut dafür ihr Übriges. In der Ebene oder auf Transferetappen kommt das El Roy allerdings mitunter ins Straucheln. Das steile Sitzrohr rückt die Tretposition sehr weit über die Kurbel, was sich mit Muskelkater in bis dato unbeachteten Muskelpartien des Oberschenkels bemerkbar machte. Das hohe Gesamtgewicht und der schwere, weiche Reifen erfordern speziell auf schnellem Untergrund etwas mehr Tretleistung. Doch genug mit den Fahreigenschaften des Marin im einfachen Gelände, das El Roy will auf den Trail – bergauf wie bergab! Also runter mit der angenehm langen Dropper Post (150 oder 170mm) und rein in den Downhill!
Die auf glattem Untergrund zäh rollenden Reifen sind auf dem Trail ein wahrer Spaßgarant und vermitteln Sicherheit wie man sie von einem Hardtail nicht für möglich gehalten hätte. Dank stabiler Karkasse und Tubeless-Montage konnten wir den Luftdruck äußerst gering halten – ohne der ständigen Gefahr eines Plattfußes. Das Resultat war teilweise fast schon (positiv) beängstigend: Die Kombination aus langem Reach, super-flachem Lenkwinkel, satter Marzocchi Z1 Gabel und den genannten Maxxis Reifen ließ uns teilweise vergessen, dass wir auf einem Hardtail sitzen. Apropos Gabel: Die Marzocchi Z1 konnte mit ihren 36mm Standrohren nicht nur hinsichtlich ihrer Steifigkeit glänzen; Mit ihrem butterweichen Ansprechverhalten, einem sehr guten Support im mittleren Federwegsbereich und nicht zuletzt mit dem simplen und schnellen Setup, konnte sie vollends überzeugen und wurde zu unserem Liebling
Ist das Marin auf Geschwindigkeit gebracht (und das geschieht mit einer stoischen Sicherheit), gilt es das Rad vor dem nächsten Anlieger wieder zu verzögern. Die verbauten Shimano MT420 4-Kolben-Stopper verrichteten ihren Dienst recht ordentlich. Dafür ausschlaggebend waren sicherlich die üppig dimensionierten Bremsscheiben mit 203mm vorne und 180mm am Heck. Lediglich auf langen Abfahrten und mit hohem Fahrergewicht konnten wir die Hinterradbremse ans Limit bringen, was sich mit einem schwammigen Druckpunkt und leicht erhöhter Handkraft bemerkbar machte. Ein Upgrade auf 203mm Bremsscheiben auch am Heck sollte hier aber relativ schnell Abhilfe schaffen.
GRÖßE | Regular, Grande |
RAHMEN | CroMo/Steel |
GABEL | Marzocchi Z1, 140mm, EVOL Air Spring, Grip Damper |
FELGEN | Marin, Alu 29" |
NABE, HINTEN | Shimano HB-MT410B, 148x12mm, Centerlock |
NABE, VORNE | Shimano HF-MT410B, 110x15mm, Centerlock |
SPEICHEN | 14g Black Stainless Steel |
REIFEN | Maxxis Assegai 29x2.5", MAXX GRIP, Double Down, Tubeless Compatible |
UMWERFER | Shimano Deore, 12-Speed, SGS |
SCHALTHEBEL | Shimano Deore, M6100, 12-Speed |
KURBELSATZ | FSA Comet, Modular 1x, 32T Direct Mount Chainring |
TRETLAGER | Mego EXO 73mm BSA |
KETTE | KMC X-12 Silver and Black |
KASSETTE | Shimano, Deore 12-Speed, 10-51T |
BREMSE, VORNE | Shimano MT420, 4-Piston Hydraulic Disc Brake, 203mm Rotor |
BREMSE, HINTEN | Shimano MT420, 4-Piston Hydraulic Disc Brake, 180mm Rotor |
BREMSHEBEL | Shimano MT4100 Hydraulic Lever |
LENKER | Marin Mini-Riser, 6061 Double Butted Aluminum, 780mm |
VORBAU | Marin 3D Forged Alloy, 35mm |
GRIFFE | Marin Single Clamp Locking |
KOPFLAGER | FSA Orbit 40 No.42 ACB |
SATTESTÜTZE | X Fusion Manic, Regular = 150mm Travel, Grande = 170mm Travel |
SATTEL | Marin Speed Concept |
EXTRAS | Bolt-On Thru-Axle |
FARBE | Anthrazit mit Flakes |
PREIS | 2.700 Euro |
Das Fazit zum kalifornischen Stahl-Monster
Wer seine Hometrails mal wieder ganz anders erleben möchte, sollte sich definitiv Gedanken über den Kauf eines Baller-Hardtails machen. Das El Roy glänzt durch seine Abfahrts-orientierte Geometrie, langem Reach, Laufruhe bei hoher Geschwindigkeit und einer richtig schicken Optik. Vielleicht lässt sich mit dem Hardtail der Kalifornier sogar die ein oder andere Strava Rekordzeit schlagen. Wer jedoch nach einem verspielten Fahrrad sucht, das bergauf effizient ist und bergab wendige Manöver zulässt, sollte stattdessen vielleicht eher das San Quentin aus gleichem Hause ins Auge fassen.
Wir hatten auf jeden Fall eine Mengen Spaß mit dem El Roy und werden den schwarzen Stahl-Rahmen mit der schönen Roten Z1 vermissen.
Mehr Infos zum Marin El Roy findet ihr auf: www.marinbikes.com