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Interview: Christian Textor – über die Enduro World Series, Familie und Sponsoren

Christian Textor

Seine Ursprünge hat er im Dirtjump und Trials, er fuhr Erfolgreich Downhill Rennen und ist mittlerweile der erfolgreichste deutsche Enduro Racer; Christian Textor. Wir hatten den 29 Jahre jungen Familienvater und 3-fachen deutschen Enduro-Meister aus dem beschaulichen Siegerland im Interview und haben uns über seine Motivation, EWS Karriere und den Support durch seine Familie unterhalten.

In den letzten Jahren hat sich der Mountainbike-Sport immer wieder verändert, neue Disziplinen kamen dazu und andere verschwanden fast ganz von der Bildfläche. Doch keine Sportart dominierte in den letzten Jahren so stark wie Enduro. Fahrrad-Hersteller richteten ihre ganze Aufmerksamkeit auf diesen neuen Markt, MTBs wurden neu Entwickelt, Abfahrtsorientierte Boliden konnten nun auch bergauf getreten werden und Singlecrown Gabeln wurden immer steifer und potenter. 2013 fand das erste offizielle Rennen der Enduro World Series (EWS) statt und setzte somit den Startpunkt für ein ganz neues Kapitel der Mountainbike-Geschichte.

Christian Textor dominiert nicht nur die Deutsche Enduro Meisterschaft sondern fährt seit einiger Zeit ziemlich erfolgreich in die Top 20 Ränge der EWS. Im Gespräch erzählte er uns einiges aus seinem Leben, wie er zum Sport kam und wie ihn seine Familie dabei unterstützt.

Christian Textor
Christian beim Rennen der EWS in Rotorua, Neuseeland / photo by: Boris Beyer

Hallo Christian, stell dich doch bitte einmal kurz vor.

Ich bin der Christian, werde in weniger als zwei Monaten 30 Jahre alt, komme aus dem schönen Siegerland, bin glücklich verheiratet und habe zwei Kinder. Ich komme selbst aus einer großen Familie und genieße es. Bin ein absoluter Familienmensch.

Wie steht denn deine Familie zum Sport?

Meine Familie liebt den Sport. Ich habe auch einen Haufen Nichten und Neffen die sich total für den Radsport begeistern. Das ganze Thema Fahrradfahren wird immer mehr ein Teil der Familie.

Jetzt wo du die nächste Generation zum Sport bringst. Wie fing denn eigentlich bei dir alles an?

Das fing eigentlich alles mit meinem großen Bruder an. Er hat damals mit Trials im Garten gestartet, hat Paletten aufgestellt und Tricks geübt. Als kleiner Bruder will man natürlich immer mithalten und deshalb war da der Ehrgeiz bei auch ziemlich groß und der Progress etwas schneller als bei ihm.

Wie ging es dann weiter. Wie kamst du zum deinem ersten Rennen?

Eigentlich hatte sich bei mir der ganze Sport eher Richtung Freeride und Dirtjump entwickelt. Damals habe ich in Magazinen die ersten Einflüsse vom Sport bekommen, habe von Kids-Races gelesen, aber kam leider Anfangs nicht selbst dazu. Der Sport war damals noch nicht so bekannt und meine Eltern natürlich noch nicht so involviert, deshalb war es für mich nicht leicht an ein Rennen zu kommen. Somit fand erst mal alles daheim statt. Aber das hat sich dann durch die ganzen Magazine und Filme wie New World Disorder weiterentwickelt, das Ganze hat mich sehr inspiriert und geprägt. Durch diese Inspiration habe ich mich dann an die ersten Sprünge und Tricks getraut.

Also bist du erst mal beim Dirtjump und Freeride geblieben?

Ja. Die ersten Jahre bin ich hauptsächlich Dirtjump gefahren und habe auch an Contests teilgenommen. War aber schon immer eher ein technisch versierter Fahrer und lieber auf Trails unterwegs. Mit 19 hat mich dann ein Kollege mit auf ein Donwhillrennen geschleppt und da wurde ich auf Anhieb Zweiter mit meinem Slopestyle Bike.

Und da kam dann der Umschwung zum Downhill?

Mir wurde durch das Rennen klar, dass ich auf herausfordernden Rennstrecken echt gut aufgehoben bin. Habe mir damals auch im folgenden Jahr direkt ein Downhill-Bike gekauft und bin beim German- und European-Cup als Freeman an den Start gegangen. Habe direkt alle Rennen in der Hobby-Klasse gewonnen. In der nächsten Saison habe ich mir eine Lizenz geholt und bin dann in der entsprechenden Klasse gestartet. Ich habe mich damals nur leider verletzt, habe mir den Oberschenkel und die Hüfte gebrochen. Das war bei einem Fotoshootings in Schweden zum dem mich die deutschen Profi-Fahrer mitgenommen hatten, Ich war dort der Underdog und deshalb war das ganze eine große Sache für mich.

Christian Textor
Christian bei der EWS in Neuseeland / photo: Boris Beyer

Das klingt übel. Wie ging es dann weiter für dich?

Das Shooting und die Rennen haben mich heiß auf die Szene gemacht. Ich wollte damals mehr. Habe mir wieder eine Lizenz gelöst, bin mehr Rennen gefahren, haben auch ganz gut danach gefeiert und hatten einfach eine gut Zeit. Ich habe damals gemerkt, dass meine Ambitionen sehr hoch sind, bin teilweise in die Top 10 gekommen.

Jetzt warst du aber im Downhill recht erfolgreich. Wieso kam der Wandel zum Enduro

Das kam tatsächlich dadurch, dass ich mir für das Training ein Bike besorgt hatte mit dem ich Kilometer schrubben konnte. Bei mir daheim gibts es nur Hügel, kleinere Berge, aber keinen Lift, deshalb muss man einfach bergauf fahren um dann Trails ballern zu können. Mein Training für die Downhill-Rennen war damals quasi das was wir heute Enduro nennen.

Ich bin auch weiterhin DH gefahren. Sogar recht erfolgreich. Bin im European Cup unter die Top 10 gekommen, habe German Cups gewonnen und hatte einige Podium Plätze bei Deutschen Meisterschaften.

Und 2016 kam dann Bulls auf mich zu und fragte mich ob ich nicht Lust auf Enduro Rennen hätte?! Ich hatte zwar immer Bock auf das ganze, bin es aber nie angegangen und dank der Möglichkeit durch Bulls ging dann das ganze offiziell für mich los.

Was war für dich der Reiz am Enduro?

Ich hatte direkt Spaß daran neue und unbekannte Strecken zu fahren. Es ist einfach was ganz anderes wenn du die Strecke nicht kennst und auf Sicht fahren musst; viel intuitiveres Fahren. Und die Stimmung im Sport ist unglaublich entspannt.

Fing das Sponsoring von Bulls dann mit deiner Enduro Karriere an?

Nein. Das mit Bulls ging schon 2013 los. Es gab damals eine Kooperation mit der Mountainbike Rider, die ein Downhill Team gründeten, bei dem Wyn Masters und noch ein paar deutsche Fahrer dabei waren. Das lief etwas über drei Jahre und wurde dann beendet.

Ich stand damals als einziger Fahrer im Raum und Bulls kam auf mich zu und fragte mich ob ich nicht weiterhin für sie fahren will und bin dann in der Saison 2016 parallel zum DH auch noch bei Enduro Rennen an den Start gegangen.

Das war quasi eine One-Man-Show. Da es kein nationales Team gab, war ich neben Mark Opperman (fährt inzwischen für Bulls E-Bike Rennen) der einzige deutsche im Enduro.

Ich habe gelesen, dass du damals noch nicht auf einem Enduro Mountainbike unterwegs warst, sondern mit dem Bulls Wild Ronin gestartet bist.

Es gab Anfangs keine Enduro Bikes von Bulls. Das Wild Ronin ist ein All-Mountain und war nicht für den harten Enduro Einsatz geschaffen. Wir haben es damals zweckentfremdet, Komponenten ausgetauscht, haben sogar einen verstärkten Link produziert und das ganze hat tatsächlich gut genug funktioniert. Bin so in meiner ersten EWS Saison auf drei Top 20 Positionen gekommen.

Wie hat Bulls auf den Erfolg reagiert?

Das war die Bestätigung für sie weiterhin aktiv mit mir in einer Kooperation zu bleiben und ein neues Enduro Modell zu entwickeln. Ich bin super zufrieden mit unserer Zusammenarbeit. Bulls hat mich damals in den kompletten Entwicklungsprozess des Wild Creed mit einbezogen. Ich bin super happy mit dem Endprodukt und dem konstanten Fortschritt im Hause.

2019 bin ich dann auf Madeira den ersten Prototypen des Wild Creed gefahren.

EWS Whistler
EWS Whistler Stage Top of the world mit dem Gipfel des Black Tusk im Hintergrund / photo by: Boris Beyer

Klingt nach einer traumhaften Zusammenarbeit. Nach deiner erfolgreichen 2019er Saison kam das leider etwas holprige Jahr 2020. Wie lief die von Covid geprägte Saison?

2020 war eine schwierige Saison. Interessant, kurz, aber anstrengend, da man nie wusste wo man wirklich dran ist. Ich habe immer wieder mit dem Training für die Rennen begonnen, dann wurde aber wieder alles verschoben, dann musste man wieder neu trainieren und das hat ehrlich gesagt alles sehr stressig gemacht. War echt anstrengend für Geist und Seele und es war dann ganz nett am Ende einen Schlussstrich zu ziehen. Ich freue mich auf eine hoffentlich „normale“ Saison 2021.

Du hattest dich vor deinem ersten Rennen in Zermatt verletzt?

Ja. Die Saison startete tatsächlich nicht so gut für mich. Habe mir kurz vorher bei einem Sturz drei Kapseln in der Hand gerissen und das hat mir die entscheidende Phase im Training geraubt. War aber in Zermatt trotzdem ready und bin dann leider bei einem Überholmanöver auf der ersten Stage im Rennen weggerutscht und wieder auf die Hand gestürzt. Und das obwohl mir die sehr speziellen Bedingungen in Zermatt echt gefallen haben (Schnee, Matsch und Regen).

Somit war meine Hand wieder kaputt und der Reha-Prozess ging dann wieder von vorne los.

Aber in Pietra Ligure warst du wieder am Start?

Da war ich wieder gerade so ready. Habe vorher nur knapp vier Tage im Bikepark trainieren können und somit hat mir etwas Pace gefehlt. Ich war zwar körperlich fit, aber im Vergleich zu den anderen Fahrern hatte ich viel zu wenig Zeit auf dem Rad und auf Trails. Das Rennen war schwer für mich und ich hatte Mühe auf Speed zu kommen und dran zu bleiben. Mich hat es zwar gefreut mit meiner verletzten Hand das Rennen fahren zu können, jedoch waren es nicht die erhofften Ergebnisse.

Lief es dann im EWS Klassiker Finale Ligure besser für dich?

Ich konnte die Zeit zwischen den Rennen in Italien noch sehr gut zum trainieren nutzen und fühlte mich für Finale und die folgenden Rennen sehr fit. Mir der Absage der letzten zwei Rennen kam dann nur leider der nächste Dämpfer. Ich habe mich echt bereit gefühlt und war richtig traurig, dass die Saison dann leider doch so früh rum war.

Mit Finale hatte ich noch eine Rechnung offen. Die letzten Jahre endeten für mich immer mit einem Crash und deshalb war ich umso mehr motiviert gut zu fahren. Ich habe dann trotz meiner erschwerten Vorbereitung auf den schwierigen Strecken zwei Top 20 Ergebnisse holen können und war auch auf den tretlastigen Sektionen stark.

Das hat mein Selbstbewusstsein dann nochmal gestärkt.

Die Saison 2021 geht ja aber auch quasi bald schon wieder los.

Genau. Ende März gehts nach Südamerika, falls Covid nicht dazwischen kommt. Ich hoffe das Beste.

Christian Textor
Whistler 2019 / photo by: Boris Beyer

Nun noch zu einem letzten Thema. Du bist Berufssportler, viel auf Reisen und zwischen den Saisons musst du trainieren. Wie packst du Familie und Sport-Karriere unter einen Hut?

Bis Anfang des Jahres waren wir noch zu dritt, dann kam unsere Tochter zu Welt. Ich sollte eigentlich kurz nach der Geburt nach Südamerika, aber da das Rennen abgesagt wurde, konnte ich daheim bleiben und quasi Vaterschafts-Urlaub nehmen. Das war dann ein ganz positiver Nebeneffekt.

Und wenn du Unterwegs bist, begleitet dich deine Familie auf deinen Reisen?

2019 sind wir auf fast allen Reisen gemeinsam unterwegs gewesen. Meine Frau und mein Sohn waren immer mit; wir haben zusammen viel erlebt, die Welt gesehen, Neuseeland bereist und einen Roadtrip durch Nordamerika gemacht.

Jetzt mit vier Personen wird das ganze bestimmt nicht einfacher, aber wir versuchen trotzdem alle unter einen Hut zu bekommen und zusammen zu reisen. Wenn die Kids in den Kindergarten kommen, wird es natürlich auch noch mal etwas schwieriger werden, dann sind wir weniger flexibel und ich werde quasi alleine auf Geschäftsreisen gehen müssen.

Im Winter wollen wir aber zusammen als Familie für meinen Trainingsblock nach Italien reisen.

Also, deine Frau und Familie unterstützt dich und begleitet dich überall, oder?

Ja. Wir haben mittlerweile viele gemeinsame Freunde durch den Sport. Sie ist gerne dabei und unterstützt mich immer.

Ich bin wirklich sehr dankbar für die Unterstützung meiner Familie.

Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast!

 

Neuseeland Vizes
Christian mit seiner Frau und Sohn am Strand in Neuseeland / photo by: Boris Beyer

Mehr über Christian findet ihr auf seinen Sozialmedia-Accounts: Instagram, YouTube, Bulls

 

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