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TEST: Rockshox Flight Attendant – High-End Fahrwerk am YT Capra

Vor wenigen Wochen haben Sram und Rockshox das neue Flight Attendant präsentiert. Ein Fahrwerks System, dass auf die jeweilige Fahrsituation reagiert und die Compression in Echtzeit anpasst um die perfekte Fahrwerkseinstellung zu finden. Sram hat uns ein YT Capra mit Flight Attendant zur Verfügung gestellt und wir konnten das neue System ausführlich testen. Was das neue High-End Fahrwerk kann und ob der Flight Attendant hält was er verspricht, erfahrt ihr hier.

Aber was ist Flight Attendant eigentlich? Rockshox und Sram bewerben das System als „Das einzige automatische Fahrwerkssystem, das auf den Fahrer hört und in Echtzeit reagiert“. Dieses Fahrwerkssystem nutzt eine Reihe von Sensoren an Gabel, Dämpfer und im Tretlager um die Bewegung des Fahrrads „im Raum“ zu analysieren und kombiniert diese Daten mit dem Fahrerinput um das Fahrwerk automatisch anzupassen. Falls ihr euch jetzt fragt was wir mit „im Raum“ meinen – Der Flight Attendant existiert quasi in einem dreidimensionalen Raum bei dem er mit Hilfe der Sensoren immer weiß in welcher Position das Fahrrad steht. Fahren wir bergab, geben die Sensoren ein Feedback an das System, das somit weiß, dass wir bergab fahren. Das gilt auch für die seitliche Neigung und das Pedalieren. Sobald wir Input geben, signalisieren die Sensoren in Gabel, Dämpfer und Tretlager die Situation und passen Compression/Zugstufe an.

Der Flight Attendant unterschiedet aber nicht nur zwischen offen(Open) und geschlossen(Lock), sondern verfügt noch über eine dritte Stufe. Diese sogenannte „Pedal“ Stufe siedelt zwischen den beiden anderen Einstellungen an und aktiviert sich meistens in Tretstücken auf dem Trail. Bemerkbar macht sich das vor allem auf tretlastigen Enduro Passagen. Der Flight Attendant erkennt anhand des Untergrund und der Lage im Raum, dass wir uns auf einem Trail befinden und lockt das Fahrwerk deshalb nicht komplett, sondern verstellt die Druckstufe so, dass wir beim Pedalieren nicht durch Wippen Kraft verlieren.

Flight Attendant – Preis und Verfügbarkeit

Wer sich bisher mit dem System befasst hat, weiß, dass der Flight Attendant  vorerst ausschließlich in Kompletträdern erhältlich ist. Neben dem uns zur Verfügung gestellten YT Capra Uncaged 6 Modell gibt es noch eine YT Jeffsy Variante, ein Canyon Spectral und Neuron, ein Trek Slash und ein Specialized Enduro. Wann das System einzeln erhältlich ist, können wir noch nicht sagen.

Da es hier aber nicht um die Fahrräder, sondern um das Fahrwerk geht, gehen wir nur kurz auf das uns zur Verfügung gestellte Capra ein und hoffen, dass wir euch zukünftig nochmal einen genaueren Test zum Forchheimer Enduro präsentieren können. Kleiner Spoiler – die Kiste macht echt eine menge Spaß.

YT Capra

YT Capra Uncaged 6

Das uns zur Verfügung gestellte Carbon Capra Uncaged 6 lässt keine Wünsche offen. Wir haben hier eine premium Ausstattung mit dem neuen Flight Attendant, Sram AXS X01 Eagle Schaltung, AXS Reverb Sattelstütze, Sram Code RSC und einem Crankbrothers Carbon Laufradsatz. Das Flight Attendant System am Capra befindet sich in der neuen 170mm Rockshox Zeb Ultimate, dem neuen Super Deluxe Ultimate Dämpfer und der Sram X01 DUB Kurbel.

Die Geometrie des Young Talent ist durchaus modern. Das Capra hat erst Anfang des Jahres ein Face Lift bekommen, dass wir euch hier vorgestellt hatten. Der Reach bei Größe L mit 29″ Laufrädern liegt bei 467mm und wir mit einer recht kurzen Kettenstrebe von 438mm kombiniert. Der Lenkwinkel befindet sich bei 64,2° und der Sitzwinkel bei 77,6°. Beide Winkel sind mit einem Flipchip an der Dämpferaufhängung anpassbar, jedoch haben wir die Finger davon gelassen und uns ausschließlich auf den Flight Attendant konzentriert.

Preislich befindet sich das Capra bei 8.999 Euro.

Flight Attendant

Die Unterschiedlichen Modi

Um ehrlich zu sein – Der Flight Attendant hat mehr LED Farben wie die Weihnachtsdekoration meiner Nachbarn. Das kann am Anfang ganz schön verwirrend sein. Um mit dem Setup und den Einstellungen klar zu kommen, haben wir uns erst einmal die ausführlichen Rockshox Youtube Videos angeschaut und uns dort alles erklären lassen. Diese Playlist können wir jedem Flight Attendant Besitzer ans Herz legen, da Rockshox dort wirklich viele wichtige Informationen in ihren Videos aufbereitet hat.

Bias-Modus

Wie schon am Anfang des Artikels erwähnt gibt es im Hauptmodus (Auto-Modus) gleich drei unterschiedliche Stufen – Open, Pedal und Lock. Dieser kann aber mit Hilfe des Bias-Modus zusätzlich konfiguriert werden. Um in den Bias zu kommen drücken wir am Hauptsensor an der Gabel auf den Menü Button des Moduls bis die LEDs Lila leuchten. Nun können wir dem System sagen, dass es entweder die Open oder die Lock Funktion bevorzugen soll. Von Werk aus ist das System in der neutralen Bias Position. Drücken wir nun auf Minus können wir -1, oder -2 Schritte in Richtung Open gehen. Somit wird das System die Offene Stellung im Auto-Modus bevorzugen. Drücken wir auf Plus (+1, +2) können wir dem System sagen, dass es die Pedal und Lock Stufe bevorzugt.

Diese Einstellung kann man jederzeit an der Gabel und mit der AXS Mobile App anpassen. Das gilt auch für die folgenden Modi.

Manueller-Modus

Falls ihr den Auto-Modus mal deaktivieren wollt und manuell durch die Stufen schalten wollt, könnt ihr das mit diesem Modus machen. Den Modus könnt ihr ebenfalls über die Menü Taste aktivieren und dann entweder am Control Modul an der Gabel zwischen den Stufen switchen, oder nutzt dafür den AXS Hebel an der linken Seite des Lenkers. Über diesen könnt ihr übrigens auch dien Sattelstütze bedienen.

Override Modus

Nehmen wir an ihr wollt beim Start in den Trail sprinten. Dafür könnt ihr den Override Modus nutzen um euch sicher zu sein, dass ihr genau den passenden Modus für die Situation habt. Den Override Modus könnt ihr wahlweise auf Open, Pedal und Lock setzen und belegt dann eine der AXS Controller Tasten mit der gewünschten Stufe. Sprintet ihr nun in den Trail, haltet ihr diese Taste kurz gedrückt und könnt sobald es wieder auf der Strecke knallt den Modus deaktivieren und seid wieder im Auto-Modus.

Druckstufeneinstellung

Den Rebound/Zugstufen könnt ihr wie bei den klassischen Rockshox Gabel auf der Unterseite des rechten Trauchrohrs einstellen. Für die Low-Speed- und High-Speed-Compression müsst ihr jedoch das Control Modul oder die AXS App nutzen. Beide Druckstufen lassen sich in 10 Stufen auf euer gewünschtes Setup einstellen. Ein Vorteil zum klassischen einstellen über das Rädchen auf der Gabel ist, dass ihr nun genau sehen könnt wie viele Clicks ihr verwendet habt.

AXS App

Die Sram AXS App

Wie eben schon erwähnt ist auch der Flight Attendant mit der AXS App kompatibel. Neben den klassischen Angaben wie Akkustand und die Anzeige der gekoppelten Geräte kann man hier nun auch den Flight Attendant konfigurieren. Nachdem wir das System gekoppelt hatten und alle Komponenten mit dem Herzstück (Control Modul an der Gabel) verbunden hatten, konnten wir auf das System zugreifen und den Bias-Modus und die Druckstufen einstellen.

Wie auch schon von den anderen Komponenten bekannt, kann man die Controller nach eigenem Geschmack belegen. Wir haben die Schaltung natürlich auf den rechten Controller und den Flight Attendant, sowie die Reverb Sattelstütze auf den linken Controller gelegt. Wer mag, kann hier noch das Hoch- und Runterschalten auf seine bevorzugten Tasten legen.

Tipp: Beim koppeln der Komponenten unbedingt den Schritten aus dem Sram AXS App Guide folgen. Das vermeidet einiges an Stress und Verzweiflung.

Das neue Fahrwerk – Ein Traum mit neuen Features

Rockshox hat den Flight Attendant nicht nur in vorhandene Komponenten integriert, sondern das Fahrwerk ordentlich überarbeitet. Das zählt für die Ultimate Modelle der Pike, Lyrik und Zeb. Interessant ist auch, dass die Gabeln nun noch mehr auf ihren Einsatzbereich zugeschnitten sind. Heißt: ihr braucht eine Enduro Gabel – Die Zeb ist das richtige für euch und wird nun in den passenden Federwegs-Längen erhältlich sein. Wollt ihr jedoch eine Lyrik für den Enduro Einsatz mit 180, oder sogar 190mm Federweg nutzen, gibt es diese Zukünftig nicht mehr mit so viel Federweg. Rockshox will damit erreichen, dass ihr für den jeweiligen Einsatz die beste Performance bekommt.

Aber was ist neu an der Gabel? Die Internals und das Chassis der Gabeln wurden überarbeitet. Markant ist, dass Rockshox nun auch auf Pressure-Valves setzt. Falls ihr mal ungewünschten Druck im System habt, könnt ihr diesen nun über die Ventile ablassen. Andere Hersteller haben dieses System schon länger verbaut und wer schon einmal in den Genuss dieser Funktion kam, weiß wie gut sich die Gabel nach ablassen des Drucks wieder anfühlt.

Dazu kommt, dass die Internals überarbeitet wurden. Die sogenannten Buttercups sind Pucks aus vibrationsreduzierendem Material mit niedriger Amplitude. Diese ButterCups sollen 20% der unerwünschten Vibrationen filtern, bevor sie deine Hände erreichen. Die goldenen Aufnahmen am Ende des Dämpfers und der Luftfeder halten zwei Gummipucks, die die hochfrequenten Vibrationen absorbieren, bevor sie durch die Gabel in den Lenker gelangen.

Patrick Sturm

Der Flight Attendant im Einsatz und wie wir uns geirrt haben

Konfigurieren und Setup finden

Zuerst pumpt man das Fahrwerk auf den gewünschten Druck auf um den passenden Sag zu bekommen. Den Rebound sollte man nun auch schon einstellen und dann erst die Komponenten miteinander koppeln. Sobald alles miteinander verbunden ist, blinkt das Led am Hauptmodul rot. Darauf drückt man den Plus und Minus Knopf gleichzeitig bis das System weiß blinkt. Nun stellt man sich auf das Rad damit der Federweg im gewollte Sag steht und drückt dann wieder die Tasten. Darauf folgen ähnliche Schritte, damit der Flight Attendant weiß wo sich die Komponenten im Raum befinden.

Hat man das erledigt, kann man per App und über das Hauptmodul das gewünschte Setup einstellen. Der Bias-Modus und die Druckstufen lassen sich auch sehr angenehmen per App konfigurieren.

YT Capra

Auf dem Trail

Wer schon mit AXS Komponenten unterwegs war, kennt das markant elektronische quieken der Motoren in Schaltung und Sattelstütze. Der Flight Attendant ist da jedoch noch etwas lauter und braucht eine kleine Eingewöhnungsphase. Nach wenigen Metern, fällt einem das mechanische Geräusch jedoch kaum noch auf.

Vor allem am Anfang verleitet es einen recht häufig auf die Gabel zu schauen um zu sehen was das System macht und in welchem Modus wir uns befinden. Im Uphill springt das System direkt in den Lock Modus und sorgt mit Hilfe der Druckstufen für ein straffes Fahrwerk, das nicht wippt und die Kraft ordentlich überträgt. Sobald es dann auf den Trail geht, springt die Led von Lock auf Open und stellt uns die volle Performance der neuen Ultimate Komponenten zur Verfügung.

Auf den Enduro Trails am Geisskopf gibt es die ein oder andere Sektion die recht tretlastig und flach ist. Hier springt der Flight Attendant in den Pedal Modus. Dadurch haben wir eine Mischung aus den offenen und geschlossenen Stellung. Die Pedal Position hat uns tatsächlich am meisten begeistert. Dadurch, dass das Fahrwerk nun immer noch Unebenheiten wegschlugt, aber durch die angepasste Druckstufe genügend Feedback beim pedalieren auf den Untergrund bringt, kommen wir auch mit 170mm Federweg ausgesprochen gut voran. Und das alles ohne selbst drüber nachdenken zu müssen, oder einen Hebel bedienen zu müssen.

Was wenn die Akkus mal leer gehen? Dann springt das System einfach in die offene Stellung. Tatsächlich sind aber alle AXS Akkus untereinander austauschbar. Wenn es also wirklich nötig ist, könnt ihr den Akku eurer Sattelstütze auch in die Gabel stecken und könnt somit im Lock-Modus nach Hause strampeln.

Wir haben uns geirrt

Als Rockshox das System präsentiert hat, waren wir tatsächlich nicht auf Anhieb begeistert. Noch mehr Elektronik am Fahrrad, ein Fahrwerk, dass „nur“ über einen Lock verfügt und so weiter. In unserem Artikel zum Launch konnten wir uns das System vor allem im Crosscountry Bereich vorstellen. Da haben wir uns aber total geirrt. Nach der ersten Auf- und Abfahrt waren wir geschlossener Meinung und absolut Positiv überrascht.

Flight Attendant

Das Fazit zum Flight Attendant

Schon nach der ersten Runde am Geisskopf war uns klar wie schnell und flüssig das System arbeitet. Sobald wir in den Trail fahren, springt der Flight Attendant in die Offene Stellung, müssen wir zwischendurch treten, gehts in die Pedal-Stellung und sobald wir wieder bergauf fahren und im Sattel Sitzen sperrt sich das Fahrwerk. Es braucht erschreckend wenig Input damit das System weiß was es zu tun hat und es regelt die Modi extrem präzise und realistisch.

Das neue Ultimate Fahrwerk ist ein Traum. Die 170mm Rockshox Zeb und der 165mm Superdeluxe Dämpfer arbeitet extrem geschmeidig und verpassen dem Capra eine ordentliche Prise Pop auf flowigen Strecken und exzellente Performance in ruppigen Passagen.

Wir sind uns auch sicher, dass wir mit 170mm Federweg nicht so entspannt den Berg hinauf getreten wären. Der Flight Attendant sorgt auf eine gewissen Art und Weise dafür, dass sich ein Enduro-Bike bergauf eher wie ein Trail-Bike treten lässt und entfaltet erst bergab die komplette Leistung des Capra. Natürlich kann man seinen Dämpfer für weniger Geld auch per Regler oder Schalter locken, aber der Flight Attendant macht diese Situation intuitiv und wir können uns einfach nur aufs Radfahren konzentrieren.

Natürlich hat das ganze seinen Preis. Aktuell sind die Flight Attendant Komponenten noch nicht einzeln erhältlich und nur in Kompletträdern verfügbar, aber das wird sich in den nächsten Monaten bestimmt ändern. Für uns war der Flight Attendant durchaus noch ein Highlight zum Abschluss der Saison.

Patrick Sturm

www.sram.com

 

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