Bericht erschien exklusiv in der Gravity Mountainbike Magazine Ausgabe #033 [ Juli & August 2016]
Eines der wohl meist diskutierten Themen im Bikesport, neben der Laufrad-Größe, ist das richtige Fahrwerkssetup. In den nächsten Ausgaben möchten wir eine ganze Reihe von Informationen zu Gabel und Dämpfer geben – und fangen heute mit den absoluten Basics an. Dämpfer und Gabel arbeiten im Grunde auf die gleiche Weise. Dabei gibt es zwei unterschiedliche Federungsprinzipien: Stahlfeder oder Luft. Wir wollen euch in diesem kleinen Tutorial die Unterschiede erklären, Vor- und Nachteile aufzählen und einen groben Überblick geben, was genau welcher Einstellknopf an euren Federelementen bewirkt.
Luftfederung:
Ein Luftpolster in einer Kammer erzeugt die Federung. Ein Kolben drückt bei Betätigung von Dämpfer oder Gabel die Luft zusammen und das Rad federt ein. Vorteile des Luftsystems sind ein geringes Gewicht, eine einfache Einstellbarkeit auf das Fahrergewicht und eine progressivere Kennlinie. Das bedeutet: Beim Einfedern werden Luftdämpfer und Luftgabel straffer, je weiter sie zusammengepresst werden. Denn dabei steigt der Gegendruck in der Luftkammer.
Stahlfeder:
Hier übernimmt eine, wie der Name schon sagt, Stahl- oder Titanfeder den Part der Federung, auch sie wird bei Betätigung zusammengepresst. Die Kennlinie der Feder ist an sich linear, sie wird jedoch durch die Hydraulik und den Hub der Feder auch hier progressiver. Das Ansprechverhalten von Stahlfeder-Dämpfern ist meist deutlich besser, da die Feder selbst kein Losbrechmoment hat. Durch das Gewicht der Feder ist diese Variante in der Regel schwerer als ein Luftdämpfer.
Ein Wort noch zur Gabel: Hier unterscheiden sich zwei Arten bei den Gabelbrücken. Im Downhill-Bereich werden Doppelbrücken-Gabeln benutzt, unterhalb von 200 Millimetern Federweg in der Regel Gabeln mit einfacher Brücke. Der Vorteil der Doppelbrücke liegt ganz klar in der höheren Steifigkeit. Dafür wiegt sie meist auch mehr als eine Singlecrown.
Neben der Federung gibt es die Dämpfung. Sie bestimmt, wie das Fahrwerk auf dem Trail funktioniert – also ob es schnell oder langsam arbeitet. Ohne Dämpfung würde das Bike herumhüpfen wie ein Pogostick. Das perfekte Set Up ist je nach Vorliebe, Körpergewicht und Fahrstil von Fahrer zu Fahrer unterschiedlich. Es zu finden, erfordert daher etwas Arbeit.
Compression (Druckstufe):
Die Druckstufen-Verstellung ist meist blau und mit einem Plus und einem Minus markiert. Sie ist für die Einfedergeschwindigkeit der Federelemente zuständig. Über die Knöpfe regelt man die Ölmenge, die beim Betätigen des Hubs durch die Hydraulikeinheit fließt. Bei aufwändigeren Gabeln und Dämpfern wird noch mal zwischen High- und Lowspeed Compression unterschieden, also zwischen schnellen Stößen (Highspeed, z. B. bei Steinen, Wurzeln) und langsamer Betätigung (Lowspeed, durch Antritt oder in Absprüngen).
Je weiter die Compression zugedreht ist, desto langsamer arbeitet das Fahrwerk. Je offener sie ist, desto schneller ist der Ölfluss im Innern und desto schneller arbeiten Gabel beziehungsweise Dämpfer. Bei der Einstellung des Set Ups empfehlen wir euch, mit einer mittleren Einstellung zu beginnen. Einfach die Klicks von ganz geschlossen nach ganz offen zählen und auf eine mittlere Position bringen. Von dieser Position könnt ihr euch vorarbeiten. Achtet bei der Probefahrt genau darauf, wie die einzelnen Fahrwerkskomponenten arbeiten, und konzentriert euch bewusst auf High- und Lowspeed. Arbeitet das Rad zu langsam, dreht ihr die Druckstufe etwas auf (Minus). Ist es zu schnell und das Rad sackt zu weit ein, dreht sie etwas zu (Plus). Arbeitet mit den einzelnen Klicks und wiederholt es, bis ihr ein für euch zufriedenstellendes Ergebnis habt. Diese Prozedur kann einige Zeit in Anspruch nehmen, lohnt sich aber. Ein gut abgestimmtes Fahrwerk verbessert die Funktion und das Fahrgefühl des Bikes erheblich und macht euch nicht nur schneller, sondern ihr fahrt auch sicherer.
Rebound (Zugstufe):
Rebound-Versteller sind meistens rot und mit einem Hasen und einer Schildkröte gekennzeichnet. Die Zugstufe ist der Gegenspieler zur Druckstufe und für die Ausfedergeschwindigkeit des Fahrwerks zuständig. Hier wird die Rückflussmenge des Öls geregelt, das beim Betätigen des Federelements durch die Druckstufe geflossen ist. Bei einer schnellen Zugstufe fließt das Öl schneller zurück, und Dämpfer und Gabel federn schneller wieder aus. Auch beim Rebound gibt es bei aufwändigeren Federelementen High- und Lowspeed, hier ist die jeweilige Einstellung der jeweiligen Compression zugeordnet. Heißt also: Bei schnellen Schlägen kommen Highspeed Druck- und Zugstufe zum Einsatz, bei langsamen die Lowspeed-Stufen. Bei der Zugstufe ist ein wenig Vorsicht geboten: Eine zu schnelle Zugstufe im Dämpfer kann beim Springen dazu führen, dass euch das Heck in der Luft hoch kommt, in Wurzelfeldern kann sich das Heck aufschaukeln – im schlimmsten Fall hat man das Gefühl, auf einem Rodeopferd zu sitzen. Arbeitet also zu Beginn eurer Einstellungen lieber mit einer etwas langsamer arbeitenden Zugstufe.
Alles in allem sollte die Einstellung zwischen Gabel und Dämpfer relativ gleichmäßig sein. Natürlich könnt ihr das aber auch auf eure jeweilige Vorliebe anpassen.
Zu guter Letzt gibt es noch den Negativfederweg (SAG) über den wir uns unterhalten sollten. Er beschreibt, wie weit das Fahrwerk einfedert, wenn der Fahrer sich auf das Rad setzt. Hier gibt es kein Patentrezept zur Einstellung. Oftmals schwebt bei Gesprächen mit Downhillern die 25 Prozent Marke im Raum.
Je geringer der Federweg, umso weniger SAG wird auch gefahren. Während bei Lufteinheiten einfach mit einer Gabel-/Dämpferpumpe der Negativfederweg angepasst werden kann, muss man bei Stahlfederelementen oftmals die Feder tauschen.
Hoffentlich konnten wir euch einen kleinen Einblick in die Welt der Fahrwerkstechnik geben. Viel Spaß beim Finden eures perfekten Set Ups! Probiert herum, es lohnt sich! Beim nächsten Mal tauchen wir tiefer in die Materie ein: Es geht dann um das Innenleben von Federelementen und darum, welchen Einfluss verschiedene Öl-Viskositäten auf die Performance haben.