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Test: Haibike – „XDURO Nduro PRO“ – Ein E-Bike? Muss das sein?

Es ist so weit: Haibike hat seit einer Weile ein E-Bike am Start, das mit 180 Millimetern Federweg an Front und Heck ganz klar im Gravity-Bereich angekommen ist. Wahnsinn, wie die Entwicklung voran schreitet. Egal ob E-Bikes doof sind oder nur für Faule, interessant ist das „XDURO Nduro“ allemal und wir sahen uns in der Pflicht, das Bike zu testen. Zugegeben, neugierig waren wir auch. Erst mal vorab für die Ahnungslosen: Hier handelt es sich um ein Pedelec. Das bedeutet: Man muss selbst strampeln, sonst passiert nichts. Der Antrieb unterstützt lediglich, auch wenn das mit bis zu 225 Prozent ein ordentlicher Schub ist.

Das Testrad wird ausgerechnet bei Dauerregen ausgeliefert. Doch meine Gier nach dem Neuen ist ein Vielfaches stärker als der innere Schweinehund. So beginnt die erste Ausfahrt in Dunkelheit bei Schneematsch, Regen und 1 Grad Celsius. Wenigstens die kleine Feierabend-Runde sollte drin sein. Kräftig ins Pedal getreten schnellt das „XDURO Nduro“ leicht verzögert nach vorn – hey, das macht ja richtig Spaß! Jetzt geht die Straße etwas bergab, mal sehen was geht. Doch die Unterstützung schaltet sich schon bei 25 Stundenkilometern ab und plötzlich fühlt es sich an, als würde ich ein Downhill-Bike vergangener Tage unter mir haben. Das Gefühl verfliegt schnell beim nächsten Anstieg, schon gleich zu Beginn merke ich, dass ich hier deutlich über der üblichen Geschwindigkeit unterwegs bin. Ich schalte aus dem TURBO zurück auf SPORT – noch immer geht es flott bergauf. Als ich im letzten Modus – dem ohne Unterstützung – angelangt bin, wird deutlich, wie behäbig das Bike den Berg erklimmt. Ich schalte lieber gleich wieder in den TURBO, schließlich will ich den Spaß bergauf, dafür dass ich hier etwa neun Kilo „zu viel“ mitschleppe.

Das Bike bietet besonders dort Fahrspaß, wo echte Gravity-Biker sonst wenig bis keinen haben: bergauf. Wo es sich hauptsächlich um die Abfahrt dreht, wird gestrampelt, geschoben und getragen, um mit seinem Bike zum Start des Trails oder der Downhill-Strecke zu gelangen. In Anbetracht dessen fühle ich mich auch etwas schlecht, als ich nach etwa der Hälfte der sonst benötigten Zeit schon oben bin. Verschnaufen brauche ich nicht, also geht’s gleich zum Downhill. Unterstützung brauche ich keine, eher eine gute Bremse. Die 22,55 Kilo-Maschine schiebt ordentlich den Berg hinab und lässt sich von nichts aufhalten. Sonst fährt das „XDURO Nduro“ fast wie ein normales Superenduro: wendig, einigermaßen agil, das Fahrwerk funktioniert sehr gut und sogar der Bunnyhop über den Baumstamm ist drin. Nicht schlecht. Jetzt folgt ein weiterer Anstieg bis nach Hause.

//Die Lenkerfernbedienung für den Bordcomputer

Daheim angekommen – doch irgendwas fehlt. Ich bin nicht aus der Puste, obwohl ich nur ein Bruchteil der Zeit gebraucht habe wie sonst. Nicht einen Tropfen Schweiß vergossen und das bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 20 Stundenkilometern. Jetzt weiß ich es: Das „Ich war eine Runde biken und bin ausgepowert“-Gefühl ist nicht vorhanden – seltsam. Fühlte sich an wie die Fahrt zum Bäcker. Vielleicht falsch benutzt oder gar missbraucht?
Mal ehrlich, wenn ich nur aus Spaß fahre, möchte ich natürlich im TURBO-Modus meinen Spaß haben und nicht im ECO-Mode was für meine Figur tun. Für eine unsportliche Person ist so ein Rad sicher ein guter Ansatz, um zum Biken zu finden. Doch braucht der übergewichtige Einsteiger ein Superenduro? Für beeinträchtigte Menschen vielleicht das Nonplusultra. Dass Leute durch ein solches Rad an Orte gelangen, die sie sonst nie erreichen würden, ist die gute Seite. Das gefährliche Downhill-Strecken dadurch erreicht werden ist Quatsch. Zu denen kann jeder hinschieben oder im Bikepark den Lift nehmen. Eine Gefahr für Mensch und Tier stellt ein Bike mit unterstützter Höchstgeschwindigkeit von 25 Stundenkilometern nicht dar. Diese Geschwindigkeit ist nur schneller erreicht als erwartet.

//Die Kabelbündel und -kanäle sorgen für Ordnung an der Lenkzentrale

Der Ottonormal-Biker erfreut sich ganz einfach der bombastischen Unterstützung. Mit der theoretisch 2,25 Mal so lange gefahren werden kann, bis der Biker erschöpft oder der Akku leer ist. Dieser reicht maximal zwei Stunden unter Belastung, was schon recht ordentlich ist. Ganz klar: Richtig punktet das Bike nur beim Uphill. So lässt sich geradeaus und bergab schon eine Menge Energie des Akkus sparen.
Fährt mal beispielsweise eine Feierabend-Tour mit drei Trails, Zwischenanstiegen und zehn Kilometern Rückweg, ist man nach zwei Stunden ausgepowert zurück. Mit dem „XDURO Nduro“ geht das in kürzerer Zeit ohne Erschöpfung. Klingt nicht gut? Dann vielleicht so: Mit dem „XDURO Nduro“ schafft man doppelt so viele Trails in der gleichen Zeit. Besser? Oder viel mehr Abfahrten bis zur Erschöpfung, da der Fahrer sich auch beim siebten Anstieg nicht an seiner Leistungsgrenze bewegen muss. Na, wer hat sich nicht schon mal einen Lift an seinem local Downhill-Track gewünscht? Hier ist er!

//Stromanschluss und Ladestandanzeige am Akkublock

Die Ausstattung am „XDURO Nduro“, dem Topmodell, ist allererste Sahne. Ohne Bosch-Motor würde das Superenduro wohl locker unter 14 Kilo wiegen. Die „Guide RSC“ hat zum Glück ausreichend Power, dieses Gefährt zum Stehen zu bringen. Hinterbau und Fox-Fahrwerk funktionieren tadellos und lassen sich für den Anstieg absenken, beziehungsweise blockieren. Das Oberrohr dürfte einen Tick länger und der Hinterbau etwas kürzer ausfallen. Technisch wirkt das „XDURO Nduro“ ausgereift und aufgeräumt, trotz der vielen Kabel, die dank Kabelkanälen und Innenverlegungen sauber sortiert aus dem Weg sind. Die vielen Kabel stammen unter anderem vom Nylon Bordcomputer und dessen Fernbedienung. Richtig gelesen: Bordcomputer. Entsprechend ausgestattet kann das Teil mit den Geräten in modernen Autos mithalten. Er dient als eBike-Computer, Navigationsgerät, Fitnesstrainer, Musikplayer und als Schnittstelle zur Community, um nur einige Punkte aufzuzählen. Das „XDURO Nduro“ bietet ausreichend Bodenfreiheit, wir sind während des Tests nicht einmal aufgesetzt. Der Unterbodenschutz aus schlagfestem Nylon-Kunststoff ist austauschbar. Via „Angleset“ ist sogar eine Geometrie-Verstellung möglich von +/- 2 Grad. Zum Lieferumfang gehört nur die Option +1. Standardmäßig ist eine 0 Grad Schale verbaut und ergibt einen Lenkwinkel von 65,5 Grad. Optisch ist das Bike bis ins letzte Detail durchgestyled, selbst der unbequeme Sattel führt das Design fort. Alles in allem ist das „XDURO Nduro PRO“ ein faszinierendes Konzept zu einem saftigen Preis, wobei hier der Boschmotor sicherlich kräftig zu Buche schlägt.

//Das Navi, der Fitnesstrainer, der Music-Player, der Tacho…

 

                                                               DETAILS

Modell, Rahmen, FW „XDURO Nduro PRO“, 6061 Aluminium, 180 mm
Dämpfer Fox „Float X CTD“
Gabel, FW Fox „36“ Talas, 180 mm
Steuersatz Cane Creek „Angleset“
Vorbau Thomson „Elite X4“
Lenker Thomson „Downhill Alu“
Bremsen Sram „Guide RSC“, 200/ 180 mm
Schalthebel Sram „X1“, 11-fach
Motor Bosch Mittelmotor Performance 36 Volt, 250 Watt
Akku Lithium Ionen 36 Volt, 400 Wh
Display Bosch Nylon Boardcomputer mit Bedienelement, Schiebehilfe & GPS
Schaltwerk Sram „XX1“, mid cage, 11-fach
Kurbel The Hive „Exalite R“
Kassette Sram „XG-1180“, 10 – 42 Zähne, 11-fach
Laufradsatz Mavic „Crossmax“ Enduro
Reifen Mavic „Charge“ 26 x 2,4 (vorne), „Roam“ 26 x 2,3 (hinten)
Sattelstütze Kind Shox „LEV-DX“
Sattel Selle San Marco „Squod Team“
Gewicht des Testbikes 22,55 kg
Größen S, M, L, XL
Unverbindliche Preisempfehlung 6.499,-
Steuerrohrwinkel 65,5°
Sitzwinkel 72,5°
horizontale Oberrohrlänge 575 mm
Kettenstrebenlänge 453 mm
Radstand 1171 mm
Reach 382 mm
Stack 613 mm
Tretlagerabsenkung 25 mm
Steuerrohrlänge 140 mm
Farbe scotchbrite/ gelb/ rot
Vertrieb www.haibike.de

 

Fazit: Das „XDURO Nduro PRO“ ist ein geniales Bike, das selbst im Gravity-Bereich funktioniert. Die Ausstattung ist Spitzenklasse. Das sehr hohe Gesamtgewicht erfordert viel Körpereinsatz und lässt das Handling an ein Downhill-Bike vergangener Tage erinnern. Dennoch: Das Bike macht unglaublich viel Spaß.

 

Pro: Antrieb, Ausstattung, Fahrspaß, Konzept

Contra: Gewicht, Handling

 

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